Studienreise nach Marseille

Unsere Studienreise führte uns von Dresden nach Nizza, wo wir an Bord der "Sea Cloud Spirit" eine Reise voller Freiheit und Neugier nach Marseille antraten. Unser Ziel war keine gewöhnliche Touristenattraktion, sondern die "Wohnmaschine" - „La Cité Radieuse“ von Le Corbusier.

Dieses architektonische Meisterwerk aus den 1950er Jahren verkörpert den visionären Geist eines der einflussreichsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Le Corbusiers Konzepte haben nicht nur damals, sondern auch heute noch einen grenzübergreifenden Einfluss auf die Architekturwelt. Seine insgesamt 17 weltweit errichteten Bauten inspirierten und inspirieren noch heute zahlreiche Architekten auf der ganzen Welt.

„La Cité Radieuse“ gilt ebenfalls als ein Schlüsselwerk des sogenannten „Brutalismus“. Die Vision hinter diesem Projekt war die Schaffung eines experimentellen Wohnkomplexes, welcher eine Gemeinschaft mit einer Fülle von Einrichtungen und Dienstleistungen unter einem Dach vereint. Bewohner sollten in diesem Zusammenhang so ihren gesamten Alltag in der „Wohnmaschine“ verbringen können, ohne das Gebäude verlassen zu müssen. So gab es zum Beispiel einen Müllschacht, welchen man direkt von der Küche einer jeden Wohnung befüllen konnte, einen großen Postkasten an der Tür, über den man beliefert werden konnte, Lebensmittel- und Drogeriegeschäfte in einer kompletten Etage oder auch eine Kindertageseinrichtung sowie einen Fitnessbereich auf der Dachterrasse. Die Wohnungen waren so effizient und nachhaltig konzipiert, dass keine Fläche ungenutzt blieb und dieses Konzept überzeugt auch heute noch, denn alle Wohnungen sind bewohnt - bis auf ein paar Hotelzimmer und der Musterwohnungen.

Besonders bemerkenswert ist auch das durchdachte Farbkonzept, bei dem der Architekt, inspiriert durch den Bauhausstil, eine begrenzte Anzahl von Farbtönen sowohl im Innen- als auch im Außenbereich des Gebäudes verwendet. Auch die interne Zusammensetzung der Etagen und Wohnungen ist vom Anfang bis zum Ende durchdacht, sodass das Wohnhochhaus wie eine eigenständige Stadt wirkt. Jede Etage bildet dabei eine Straße, die wie in der Nacht spärlich beleuchtet ist. Der dunkle Fußboden erinnert an Asphalt und die indirekten Lampen über den Wohnungseingangstüren an Straßenlaternen.

Diese einzigartige Architektur ist international bekannt. So fand erst kürzlich die "Cruise 2024/25 Show" von CHANEL auf dem Dach des Gebäudes statt.

Solche Wohnkonzepte sind weltweit vertreten. In São Paulo, der brasilianischen Metropole, findet sich das Edifício Copan; in Hangzhou, China, das Regent International Apartment Building und in Saudi-Arabien wird momentan das Projekt „The Line“ realisiert. Und es zeigt sich: die Relevanz solcher Wohnkonzepte ist heute größer denn je. In einer Zeit, in der Wohnungsmangel, Digitalisierung und Nachhaltigkeit zentrale Themen sind, bieten Projekte wie La Cité Radieuse einen Weg, effizienten und ganzheitlichen Wohnraum zu schaffen.

Ist dies der Wohnungsbau 4.0? Diese Frage treibt uns an und wir sind gespannt auf zukünftige Entwicklungen.

Unsere Studienreise bot jedoch nicht nur architektonische Einblicke, sondern ermöglichte auch einen Blick hinter die technischen Kulissen des Schiffsbetriebs, sodass auch unsere HLS-Abteilung weitere spannende Erkenntnisse mitnehmen konnte. Diese Kombination aus Land- und Seereise hat uns mit fantastischen Erinnerungen und neuen Visionen für den deutschen Wohnungsbau zurück an unsere Arbeitsplätze gebracht.

Fazit: Die Erkundung innovativer Ideen ist nicht nur lohnenswert, sondern auch entscheidend für die Weiterentwicklung unserer eigenen Visionen.

Fotograf: Antonio Nowotnick